Die OMR in Hamburg hat sich mit vielen Themen im Brand Marketing auseinandergesetzt – was mir hierbei immer wieder untergekommen ist, ist das Thema der Inklusivität. Was für mich in jede Brand-Guideline gehört, ist für viele Unternehmen nicht mal ein Begriff gewesen, wie sich gezeigt hat.
In einer Zeit, in der das Wort "Inklusivität" fast so häufig verwendet wird wie "nachhaltig", sollten wir uns fragen: Wie tief geht dieses Engagement der Marken wirklich? Ist Inklusivität nur ein weiterer Marketing-Clou oder ein echtes Unternehmensziel?

Inklusivität im Brand Marketing ist kein Trend
Einige Entwicklungen im Brand Marketing zeigen, dass Konsument:innen zunehmend von den Marken erwarten, dass sie authentisch und inklusiv agieren. Aber was bedeutet Inklusivität in diesem Kontext eigentlich?
In der Praxis bedeutet Inklusivität, dass Unternehmen sicherstellen, dass ihre Produkte, Dienstleistungen und Marketingaktivitäten so gestaltet sind, dass sie eine breite Vielfalt von Menschen ansprechen und einbeziehen, einschließlich jener, die oft in der Gesellschaft marginalisiert oder übersehen werden. Das kann verschiedene Gruppen umfassen, basierend auf Rasse, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, körperlichen Fähigkeiten und weiteren Identitätsmerkmalen.
Wie inklusiv sind Marken im Handeln? Beispiel Nike
Das bezieht sich für Marken nicht nur auf das Storytelling, sondern auch auf visuelle Aspekte. Damit das Ganze für uns mehr als deutlich wird, nehme ich Nike als Beispiel – sorry, aber die Brand funktioniert an dieser Stelle einfach gut!
Corporate Design
Die Farbpalette von Nike, traditionell in Schwarz und Weiß gehalten, spricht eine universelle Sprache der Einfachheit und Eleganz. Diese Farben überwinden kulturelle Barrieren und schaffen eine inklusive Atmosphäre, die jeden willkommen heißt. Perfekt also auch für all diejenigen, die eine Farbschwäche aufweisen.
Das Logo lässt sich auf jeder Oberfläche integrieren und wirkt dynamisch – ein wichtiger Faktor, den Marken heutzutage mitbringen sollten!
Die Typografie von Nike ist so einfach wie genial: kraftvoll, direkt und zugänglich. Mit einer klaren, serifenlosen Schrift setzt Nike auf Lesbarkeit und Zugänglichkeit, ein kluger Zug, der sicherstellt, dass niemand ausgeschlossen wird. Es ist wichtig in der Markengestaltung, Schriftarten zu verwenden, die Menschen mit Sehbehinderungen oder Dyslexie nicht ausschließen.
Nikes Slogan „Just Do It“ bleibt im Kopf, keine Frage. Er ist ein kraftvoller Aufruf zum Handeln, der Menschen aller Altersgruppen, Geschlechter und Fähigkeiten ansprechen soll. Der Slogan ist bewusst einfach und offen gehalten, was ihn universell und motivierend macht
Storytelling, Haltung und öffentliche Assoziationen
Schauen wir uns die andere Seite der Medaille an und die, die für Marken wichtig ist: Brand Living.
Nikes Ansatz zur Markeninklusivität und Vielfalt ist vielschichtig und hat hohe Sichtbarkeit, aber – wie sollte es anders sein – nicht ohne Kontroversen und Kritik. Denn was nach außen kommuniziert wird, muss auch im inneren Kern einer Marke bestehen. Und den bilden letzten Endes die Menschen, die dort arbeiten.
Behandlung schwangerer Athletinnen: Nike wurde kritisiert für die Reduzierung der Unterstützung von professionellen Athletinnen während ihrer Schwangerschaft und Mutterschaftszeit,
Interne Diversitätsziele nicht erreicht: Obwohl Nike sich ehrgeizige Ziele für die Erhöhung der Diversität innerhalb des Unternehmens gesetzt hat, zeigen einige Berichte, dass diese Ziele noch nicht vollständig erreicht wurden – schade!
Mangelnde Transparenz und Nachhaltigkeit in der Produktionskette: Nike wurde für die unzureichende Transparenz in Bezug auf die Herkunft von Materialien wie Leder und die Umweltbedingungen in der Produktionskette kritisiert.
Ja, dieses Beispiel gehört zur Königsdisziplin. Zeigt aber auch, wie wichtig Inklusivität heutzutage ist – und zwar nicht nur im Kampagnenmanagement, sondern auch im Vorleben dieser.
Immer mehr Menschen richten ihr Kaufverhalten nämlich danach aus, wie Marken wirklich sind. Eine Umfrage von September 2023 zeigt: 81 Prozent der befragten Komsument:innen gaben an, eine Marke nicht mehr zu kaufen, wenn sich das Unternehmen nicht richtig oder unsozial verhalten würde – das sind sieben Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.
Auch ein Shitstorm ist dann für Marken nicht weit entfernt: Ein Ergebnis der aktuellen „Markenkommunikation im Zeitalter von Diversität und Inklusion“ von Integral Ad Science (Nasdaq: IAS) zeigt, dass 31 Prozent sogar Marken boykottieren würden, wenn sie das Thema der Inklusion nicht ernst nehmen.
Was lernen wir also daraus? Inklusivität gehört ausnahmslos in jede Markenstrategie. Von Anfang an.
Doch dort, wo es Vorteile gibt, gibt es für Marken auch Nachteile.
Was bedeutet Inklusivität für das Markenimage?
Das Gute und das Schlechte aus Brand Marketing Sicht – was hat es damit auf sich? An dieser Stelle betrachten wir einige Herausforderungen und Risiken, die inklusive Markenstrategien mit sich bringen können – egal, wie wichtig diese Thematik ist.
Herausforderungen inklusive Markenstrategien
Markenverwässerung
Eine der Hauptaspekte, die aus Brand Marketing Sicht relevant sind, ist die Frage: Wie viel Inklusivität ist und bleibt authentisch, ohne dass das Markenimage verwässert wird?
Während die Notwendigkeit der Inklusivität heutzutage nicht mehr wegzudenken ist, sind Marketer damit beschäftigt, die Bemühungen und Sichtweisen der Brand nicht künstlich oder aufgesetzt wirken zu lassen. Wie viel darf und soll eine Marke tragen?
Wenn eine Marke versucht, zu viele unterschiedliche Werte oder Ansichten zu repräsentieren, kann dies zu einer unklaren oder inkonsistenten Markenbotschaft führen, die es schwierig macht, eine starke Bindung
Kulturen als Markenbotschafter nutzen – Gefahr der Tokenisierung
Eines der Risiken bei der Umsetzung von Inklusivitätsstrategien ist die Tokenisierung. Das bedeutet, dass bestimmte Gruppen nur symbolisch in Marketingkampagnen eingesetzt werden, um Vielfalt zu demonstrieren, ohne dass das Unternehmen echte Verbindungen oder ein tieferes Verständnis dieser Gruppen zeigt. Der Brand Trust leidet erheblich. Verbraucher:innen sind oft sehr sensibel für Marketing, das als opportunistisch oder unaufrichtig erscheint, was das Markenimage negativ beeinflussen kann.
Employer Branding kann eine Herausforderung werden
Die Einführung von Inklusivitätsinitiativen auch zwischen den Mitarbeitenden zu Spannungen führen – vor allen dann, wenn nicht alle die gleichen Werte teilen oder Veränderungen in der Unternehmenskultur als erzwungen empfunden werden. Sensible Themen brauchen offene Kommunikationsräume, Transparenz und Schulungen. Schließlich sind die Mitarbeitenden das Kernstück der Unternehmensvision, die die Werte vorleben. Wenn es intern nicht funktioniert, dann ist auch die externe Kommunikation zum Scheitern verurteilt.
Kostensteigerung ins Unermessliche
Die Berücksichtigung von Inklusivität in der Produktentwicklung kann komplex und teuer sein. Die Entwicklung von Produkten, die eine breite Palette von Bedürfnissen und Präferenzen abdecken, erfordert oft zusätzliche Forschung und Entwicklung, was zu höheren Kosten und verlängerten Zeitplänen führen kann.
Und eine Sache sei gesagt: Inklusives Brand Marketing ist keine einmalige Sache, sondern ein Weg und eine Strategie, die bis zum Ende verfolgt wird.
Vorteile inklusive Markenstrategie
Während die einen noch überlegen, ob sie überhaupt eine Markenstrategie etablieren sollen und "ob sich das Ganze lohnt” – trust me, wird es – sind die anderen bereits dabei, ihre Markenstrategie komplett inklusiv zu gestalten. An dieser Stelle schauen wir uns drei wichtige Aspekte an, die man nicht unterschätzen sollte:
Positive soziale Auswirkungen
Eine Marke kann, wenn sie wirklich richtig gut ist, die Welt und das Zusammenleben ein kleines bisschen besser machen. Inklusives Marketing trägt nämlich nicht nur zu einer positiven Markenwahrnehmung bei, sondern fördert auch soziale Gerechtigkeit und Gleichheit. Durch Vielfalt und Inklusion tragen Marken dazu bei, gesellschaftliche Normen zu verändern und eine inklusivere Kultur zu schaffen (Deloitte United States).
Markendifferenzierung
Höher, schneller, weiter – diese Klimax gilt nicht nur für viele von uns Menschen, sondern auch für Brands: Marken, die Vielfalt und Inklusion in ihren Kampagnen zeigen, werden oft als fortschrittlicher und sozial verantwortlich angesehen. In einem zunehmend gesättigten Markt kann sich eine Marke durch ein starkes Engagement für Inklusivität durchaus erfolgreich von der Konkurrenz abheben. Wir haben bereits gesehen: Verbraucher:innen neigen dazu, Marken zu kaufen, die Vielfalt in ihrer Werbung und ihren Produkten zeigen. Brand Retention for the win! (Optimizely)
Personal Branding als Strahlkraft
Denken wir das Employer Branding nochmal eine Etappe weiter: Inklusive Marken haben eine unglaubliche Strahlkraft, was Personal Branding angeht. Personal Branding zeigt anhand von Mitarbeitenden die Dynamik und Flexibilität einer Marke, ohne dass sie unauthentisch wirkt. Wie sich ein erfolgreiches Personal Branding in den KPIs widerspiegelt? Engagement, Shared Content, World of mouth.
Strategisch inklusivität von Marken fördern – Checkliste
Ebenso wenig, wie man von heute auf morgen eine starke Marke aufbaut, so lange dauert es auch, bis man sich inklusive Denke und ein damit verbundenes authentisches Markenimage aufgebaut hat. Diese Checkliste ist kein Zaubermittel und auch nicht vollständig – aber sie hilft, inklusives Denken nach und aufzubauen und somit Brands auf das nächste Level zu heben.
Überprüfe deine Unternehmenskommunikation darauf, ob sie inklusive Sprache verwendet, die niemanden ausschließt. Vermeide zum Beispiel geschlechtsspezifische Begriffe, wo sie nicht nötig sind und gendere.
Mach deine Website und soziale Medien für Menschen mit Einschränkungen zugänglicher. Dies kann die Einrichtung von Bildbeschreibungen (Alt-Texte), Untertiteln für Videos und eine leicht navigierbare Website-Struktur umfassen. Nutze kontrastreiche Farben, um Inhalte abzuheben.
Verwende in deinen Werbematerialien Bilder, die Menschen verschiedener Altersgruppen, Ethnien, Körpergrößen und Fähigkeiten zeigen.
Verstehe deine Zielgruppen durch detaillierte Analysen ihrer Bedürfnisse, Werte und kulturellen Hintergründe. Nutze diese Erkenntnisse, um deine Marketingstrategie anzupassen.
Ernenne eine:n Verantwortliche:n in deinem Unternehmen, der oder diesich um die Umsetzung und Weiterentwicklung der D&I-Strategien kümmert.
Sei offen über deine D&I-Ziele und -Fortschritte, sowohl intern als auch extern. Veröffentliche regelmäßige Updates über die erzielten Fortschritte und die geplanten Schritte auf deiner Website und in sozialen Medien.
Kooperiere mit Gruppen, die unterschiedliche Gemeinschaften repräsentieren, um neue und diverse Zielgruppen zu erreichen.
Inklusion sollte ein ständiger Bestandteil deiner Markenstrategie sein, nicht nur eine Reaktion auf aktuelle Trends. Dies erfordert kontinuierliche Anpassungen und Verbesserungen.
Steigende Verbrauchererwartungen verlangen von Unternehmen, dass sie nicht nur Produkte anbieten, sondern auch soziale Werte wie Vielfalt und Gerechtigkeit unterstützen. Eine inklusive Haltung ermöglicht Marken, sich in einem gesättigten Markt zu differenzieren und Authentizität aufzubauen, um Brand Trust zu etablieren und langfristige Beziehungen aufzubauen. Wie erreiche ich jeden in der Gesellschaft? Je breiter sich Marken aufstellen, desto besser.
Inklusivität ist daher kein optionaler Zusatz, sondern eine grundlegende Komponente einer erfolgreichen und zukunftsorientierten Markenstrategie.
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